Geldsystem und Wachstum

Klaus Simon

OLYMPUS DIGITAL CAMERAEinen weiteren „Baustein“ der „Bausteine-Reihe“ im Frankfurter Club Voltaire bearbeitete Klaus Simon. Er referierte am 6. Oktober 2014 über das Thema „Geldsystem und Wachstumszwang“.

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Klaus Simon ist Informatiker. Er arbeitete in einem energetischen Institut und wurde 1986 als EDV-Leiter in einem Thüringer Industrieunternehmen angestellt. Seit 2009 ist er Mitglied der Akademie Solidarische Ökonomie. 2014 erschien sein Buch „Zwickmühle Kapitalismus – Auswüchse und Auswege“ bei Tectum, ebenfalls dieses Jahr erschienen ist das Buch „Das dienende Geld – Die Befreiung der Wirtschaft vom Wachstumszwang“, herausgegeben von der Akademie Solidarische Ökonomie, in dem Simon in einem Artikel sechs Grundfehler des herrschenden Geldsystems herausarbeitet.

Grundfehler des herrschenden Geldsystems

Als den ersten Fehler diagnostiziert er die Selbstbezüglichkeit des Geldes, also dass durch das bloße Überlassen von Geld („investieren“) mehr Geld entsteht. Das störe die Äquivalenzrelation zwischen Geld und realer Leistung und unterwerfe überdies die Wirtschaft einem Wachstumszwang. Problematisch sei weiterhin, dass infolge des Multiplikatoreffekts („multiple Geldschöpfung“) einer großen Giralgeldmenge nur ein sehr kleiner Anteil Bargeld gegenüberstehe. Auch im Schuldgeldprinzip sieht er einen weiteren Grundfehler: Nahezu jedem Euro Guthaben steht ein Euro Kreditschuld gegenüber, das Wachstum von Vermögen gehe also zwangsläufig und spiegelbildlich mit dem Wachstum von Schulden einher.

Giralgeld entsteht nicht “aus dem Nichts”
Anders als beim Zentralbankgeld widerspricht Simon der Auffassung, dass Giralgeld „aus dem Nichts“ entstehe. Die konkrete Geschäftsbank könne das Schaffen von Giralgeld zwar über ihre Überschussreserven hinaus betreiben, sei dabei aber von sogenannten freien Liquiditätsreserven abhängig. Diese Reserven kann die Bank erhöhen, bspw. indem sie selbst Kredit nimmt oder Aktiva in Zentralbankgeld wandelt. Über den gesamten Bankensektor gesehen sei aber die Ausweitung der freien Liquiditätsreserven letztlich von Zentralbankkrediten abhängig. Simon diskutiert die Argumente pro und kontra einer Schöpfung aus dem Nichts und begründet seine Position schließlich mit Bundesbankdaten, wonach seit 2001 das Wachstum von M3 die bestehende EZB-Vorgabe von 4,5% jährlich nur minimal überschreitet. Das Schaffen von Giralgeld durch Geschäftsbanken bewegt sich demnach im volkswirtschaftlich notwendigen Rahmen und ist offensichtlich nicht im großen Stil überschießend.

Das Kernproblem ist das Interbankengeld
Interbankengeld – also Kredite, die sich Geschäftsbanken gegenseitig gewähren – ist per Definition weder in der Geldmenge noch im Giralgeld zu finden und wird deshalb in vielen Analysen außer Acht gelassen. Doch gerade in diesem Bereich sei es nach Simon in den letzten Jahrzehnten zu einer unverhältnismäßig hohen Aufblähung gekommen, auch das belegt er mit Bundesbankdaten. Hier nun nutzten die Banken sehr wohl ihr Privileg der Kreditvergabe aus, um gegenseitig ihre spekulativen Eigengeschäfte zu finanzieren und ihr Eigenkapital „aufzuhebeln“. Interbankengeld habe die Finanzkrise überhaupt erst möglich gemacht und verstärke die Selbstbezüglichkeit des Geldes, das in diesem Bereich nicht mehr Äquivalent für reale Leistungen sei – worin Simon einen weiteren Grundfehler verortet.

Diese Spekulation sei aber nicht dem einzelnen Banker vorzuwerfen, dessen Unternehmen selbst einem Renditezwang unterworfen ist, sondern dem System selbst, das ein Aussteigen aus dieser Rolle gar nicht ermögliche – was für Simon ebenfalls einen Grundfehler darstellt.

Lösungsansatz
Der Autor sieht denkbare Korrekturen dieser Grundfehler zunächst in Änderungen des Geldsystems. Vermöge einer Vollgeldreform könnte Giralgeld zu 100 Prozent durch Zentralbankgeld ersetzt werden. Die Geldschöpfung untersteht dann einer Vorab-Kontrolle und das Aufhebeln von Interbankenkrediten ist nicht mehr möglich. Weiterhin könnte dann Geld für gesellschaftlich wünschenswerte Investitionen auch nichtkreditweise ausgereicht und das Schuldgeldprinzip somit durchbrochen werden. Das fortdauernde Wachstum der Geldmenge und Vermögen ist durch solche Reformen allerdings nicht zu beenden. Hierfür wäre eine Absenkung des Zins bis gegen die Nullmarke erforderlich. Damit Kapital dann nicht in andere Vermögenswerte ausweicht, müssten zugleich Renditen aller Art unterbunden werden. Notwendig wäre dafür eine Änderung der Eigentumsordnung, die nicht privates Eigentum, wohl aber Renditen aus diesem Eigentum unterbindet. Und selbst dann müsste die Vollgeldmenge noch immer zusammen mit dem Wirtschaftswachstum vergrößert werden. Erst in einem Wirtschaftssystem ohne Wachstumszwang könnte das Wachsen der Geldmenge unterbleiben.

Überdies ist es für Simon fraglich, ob zur Verwaltung des gesellschaftlichen Gutes Geld private (d.h. nach eigenen Renditegesichtspunkten handelnde) Geschäftsbanken überhaupt hilfreich sind. Regionale Banken sollten wie Makler Vollgeld der Wirtschaft zur Verfügung stellen und dafür eine Gebühr erhalten, nicht aber mit dieser Dienstleistung ein Geschäft machen.

Eine ausführlichere Zusammenfassung erhalten Sie hier.

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