Aus der Schuldenfalle – im Gespräch mit dem Geldphilosophen Raimund Dietz

Am 2. März ist der „Geldphilosoph“ Raimund Dietz aus Wien zu Gast in der Bausteine-Reihe der Initiative Neue Geldordnung (NGO) im Frankfurter Club Voltaire.

Raimund Dietz spannt in seinem Buch „Geld und Schuld“ den Bogen von einfachen Grundvorgängen des Gebens und Nehmens, Ausgleichens und Nichtausgleichens (Schuldenmachen) bis zur heutigen Finanzkrise als Überschuldungskrise. Das Buch setzt sich kritisch mit der Wirtschaftstheorie – im Kern einer Theorie ohne Geld – auseinander und entwickelt einen Ansatz zur Überwindung des zentralen Defizits der Ökonomik: Geld. An die Stelle einer Theorie, deren Idol die Robinsonade ist, setzt Dietz eine ökonomische Theorie der modernen Zivilisation und des Bürgers.

Dietz wählt zahlenunterlegten und klare Botschaft zur Entstehung und Lösung von Finanzkrisen: Das überproportionale Wachstum der Vermögensgrößen führt bei Überschreiten von Schuldentoleranzschwellen zu Krisen. Da man durch hohe Wachstumsraten an der Verschuldungsrelation realistischerweise kaum etwas ändern kann, bleiben nur Bankcrashs, Staatsbankrotte oder Währungsschnitte bzw. hohe Inflationsraten. Zur Bannung der Deflationsgefahr wird zur Zeit von der Politik keine entsprechende Ausnüchterung betrieben, sondern zu ihrer Bekämpfung nur neue, letztlich krisenverschärfende Schulden gemacht. „Die Finanzkrise kann nur durch eine wirkliche Krise der Finanzen geheilt werden“, so Dietz. „Nicht Sparen, sondern default ist nötig.“

Dietz begibt sich außerdem auf Theoriekritik und schließt dabei die ökonomischen Ansätze mit ein,  einschließlich (Neo)Klassik, Marx, Keynes, Luhmann, Schumpeter und der Neoricardianer, die alle einer reinen Logik der Dinge anhingen. Einzig Simmel, so Dietz, vermochte es, sich dem Naturalismus zu entziehen und Geld und Tausch als Versittlichung und Aufbau einer trans-individuellen Gestalt ohne Streit und Verdrängung zu entziffern. Die Bürgerordnung ist ihm eine Tauschordnung, durch den Tausch und Geld findet positive Vergesellschaftung statt.

Dietz nimmt sich auch der Theorie der Wertformen an: hierunter fallen die überpersönlichen Gebilde der Wirtschaft (Geld, Preise, Finanzprodukte, Bilanzen usw.). Dabei sieht Dietz in der modernen Tauschgesellschaft keineswegs die beste aller möglichen Welten (selbst Liberale wie W. Röpke sahen im Markttausch einen „Moralzehrer“). Denn, so Dietz, diese „Wertformen“ neigen zur Hypertrophie, das moderne Finanzsystem dient als Beispiel. Es ist nicht in der Lage, sich selbst einzuschränken und zu kalibrieren, auch da es auf Dauer keine Profite ohne Produktion geben könne. Ferner unterminiere die Finanzindustrie die Tugenden bürgerlicher Kultur, so Dietz. Ordnungspolitisch sei daher ein Vollgeldsystem einzuführen, um den Geldbereich auf einem angemessenen Niveau halten zu können.

Mehr zu den Ideen von Raimund Dietz zu Geld, Schulden und Vollgeld hier