Business Recovery and Resolution Plan (BRRP) – Eine kritische Analyse

Der BRRP basiert auf der Direktive BRRD (Business Recovery and Resolution Directive) des “EBA final draft Regulatory Technical Standards on the content of recovery plans under Article 5(10) of Directive 2014/59/EU (EBA/RTS/2014/11) as of July 18th 2014“.

In Deutschland ist der BRRP auch bekannt unter dem Begriff “Mindestanforderung für den Sanierungs- und Abwicklungsplan” (MaSan) und das entsprechende Gesetz ist das Sanierungs- und Abwicklungsplan Gesetz (SAG).

Der BRRP ist eine Weiterentwicklung des ICAAP (Internal Capital Adequacy Assessment Process) bzw. der Risikotragfähigkeitsberechnung. Der BRRP setzt genau da an wo der ICAAP mit den Anwendungen der sog. Reverse Stress Tests (RST) aufhört. Die RST beschreiben genau die Szenarien, die ein Finanzinstitut in eine sehr wahrscheinliche Insolvenz führen. Der BRRP soll sicherstellen, dass im Falle eines solchen Ereignisses, die zu den Ergebnissen in einem RST Szenario führen kann, die richtigen Sanierungsmaßnahmen getroffen werden, um das Finanzinstitut sicher durch die Krise zu führen und vor einer Insolvenz zu bewahren.

Wenn eine Sanierung nicht möglich ist, muss ein Abwicklungsplan einsetzen, die die Kosten der Liquidierung so niedrig wie möglich hält und den Steuerzahler, also die Gemeinschaft, minimalst belastet.

Zum Sanierungsplan gehören auch Frühwarnindikatorsysteme, die ermöglichen sollen, erste Anzeichen einer potentiellen Insolvenz zu überwachen.

Obligatorische Indikatoren sind die (hier die wichtigsten):

  • Kernkapitalquote
  • Liquidity Coverage Ratio
  • Operative Verluste
  • Nettogewinn vor Steuern
  • Bonitätsklasse (Rating)
  • Net Stable Funding Ratio
  • Return on Equity

Und einige andere Indikatoren. Ferner können potentielle Veränderungen der Zinsraten, BIP-Quoten, Währungskurse etc. miteinbezogen werden.

Diese Indikatoren können je nach Typ täglich, wöchentlich, monatlich, quartalsweise, halbjährlich oder jährlich beobachtet werden, je nach Verfügbarkeit. Um eine bessere Prognose zu erreichen, werden projizierte Zahlen genommen, die noch nicht gebucht wurden oder nur potentiell wirklich gebucht werden.

Die Idee des BRRP ist im Grunde eine gute Erweiterung des ICAAP, sofern die eingesetzten Szenarien realistisch genug sind. Aber genau hier liegt oft das Problem, wer entscheidet, welche Szenarien “realistisch” für das jeweilige Finanzinstitut sind?

Und eine andere Frage, die sich ebenfalls stellt: Waren diese Zahlen vorher nicht genauso da? Und welche Aussage hätte denn eine potentielle Insolvenz für eine sog. “systemrelevante Bank”?

Und genau diesen Fragen weichen die Aufsichtsbehörden weiterhin geflissentlich aus. Den Finanzinstituten bleiben immer noch eine Fülle von Möglichkeiten durch Bilanztechniken legal die Bilanzen so zu “frisieren”, so dass die Frühwarnindikatoren niemals kritische Werte erreichen.

Schon beim ICAAP bleiben viele Stress Tests und Reverse Stress Tests harmlos und werden als “unerreichbar” skizziert bzw. als sehr “unwahrscheinlich“ erklärt. Immer noch fällt der Satz “die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass…” genauso wie zuvor bei der “Lehman-Krise”, bei der “Eurokrise“ oder eben “9/11”.

ICAAP und BRRP sind im Grunde gute Techniken, die Risiken einer Bank abzubilden. Aber solange die Finanzinstitute durch Bilanztechniken und komplexe Risikomodelle ihre “wahren Risiken” verbergen können, nutzt das beste Konzept als auch die beste Absicht nicht.

Solange die Unternehmen und insbesondere die Banken keinen strengen Bilanzierungs- und Bewertungsregeln unterworfen sind, die eine “Verschleierung realer ökonomischer Zahlen” erschweren oder gar unmöglich machen, bringen szenariobasierte Konzepte rein gar nichts, da nicht “wahre Bilanzzahlen” gestresst werden, sondern eben “beschönigte Bilanzzahlen”.

Berichtsvorgaben nach IFRS (International Financial Reporting Standards) bieten mit ihren sehr weichen Formulierungen sogar noch mehr “Frisiermöglichkeiten“ als es das Deutsche HGB (Handelsgesetzbuch) schon zulässt.

Banken können oft in sog. SVP/SPE (Special Vehicle Purpose/Entity bzw. Zweckgesellschaften) ihre Risiken “auslagern” und aus ihren Bilanzen nehmen und zwar in unglaublich großen Volumen als auch schon bevor, während und nach der Lehman-Krise geschehen. Anstatt dies weiter zu erschweren, wurden Gesetze erlassen, um sog. “Bad Banks” ins Leben zu rufen, in diese die privaten Banken ihre “Giftpapiere” weiter auslagern und somit ihre “Zahlen” mehr als beschönigen konnten und können.

Die europaweiten EBA Stress Tests oder EBA Asset Quality Reviews werden bei den Banken and deren “Bad Banks” getrennt durchgeführt. Und während die Banken als “sicher” eingestuft werden können, werden deren “Bad Banks” von den Steuerzahlern zwangsgestützt.

Und schließlich nochmal die Frage: ”Welche Aussage hätte denn eine potentielle Insolvenz für eine sog. systemrelevante Bank?”.

BRRP wird basierend auf legal “beschönigten Bilanzen” eine potentielle Last für den Steuerzahler errechnen, die niemals die privaten Investoren treffen werden. Aber was nützt dies den Steuerzahlern? Was ist der Nutzen für die Gemeinschaft?

Schon wieder wird ein gutgemeintes Konzept zur Beruhigung der Massen eingesetzt. Denn die Großbanken werden sehr einfach ein BRRP abgeben. Wenn es dennoch schief läuft: Der Steuerzahler steht ja bereit, ob er will oder nicht.

Für die kleineren und mittleren Banken bedeutet allerdings der BRRP weitere Kosten, weitere Belastungen, diese zu tragen viele nicht ohne Weiteres in der Lage sind. Wichtige kleinere und mittlere Nischen- und Regionalbanken für Selbstständige, kleinere und mittlere Unternehmen werden weiter in die Konsolidierung gezwungen oder werden gleich von einer „systemrelevanten Bank“ übernommen. Und genau diese „systemrelevanten Banken“ interessieren sich nicht für diese Selbstständige, für kleinere und mittlere Unternehmen in einer bestimmten Region, sondern eben nur für die Big Player auf den Märkten. Damit wird der so wichtige „Mittelstand“, der mehr als 80% der Deutschen Volkswirtschaft ausmacht, wo mehr als 80% der Jobs sind, weiter unter großen Druck gesetzt.

ICAAP, BRRP etc. bleiben nur Instrumente des Großkapitals, wenn grundlegende Elemente einer gut regulierten Finanzwirtschaft auf Zahlenmaterial basieren, die keinerlei realwirtschaftliche Aussagekraft haben und die Kosten der Regulierung nur dazu führen, dass es nur noch mehr systemrelevante Großbanken geben wird.

Dann werden wir in etwa die Kosten kennen, aber wissen dafür ganz genau, dass die Gemeinschaft dafür zahlen muss.

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