handelsblatt.com vom 03.05.2018
dpa Berlin
Bei der Neuregelung über die Grundsteuer deuten sich
schwierige Verhandlungen an. Die Länder sind sich uneins,
wie die vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebene
Reform aussehen soll.
Die Finanzminister von Bund und Ländern beschlossen am
Mittwoch, zunächst verschiedene Modelle auf ihre
Machbarkeit hin zu prüfen.
Dabei gehe es darum, welches der Reformmodelle innerhalb
der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist umgesetzt
werden könnten, teilte Hessens Finanzminister Thomas
Schäfer (CDU) nach dem Spitzentreffen auf mit.
Vor Ende der Prüfung sei kein Modell vom Tisch. Es solle dann
entschieden werden, welches der machbaren Modelle
umgesetzt werden soll. Schäfer sprach von konstruktiven und
sachlichen Gesprächen.
Derzeitiges Steuermodell ist verfassungswidrig
Die Karlsruher Richter hatten das derzeitige Steuermodell für
verfassungswidrig erklärt. Bis Ende kommenden Jahres muss
ein neues Gesetz verabschiedet sein.
Erklärter politischer Wille ist, dass das Steueraufkommen
insgesamt weder steigen noch sinken soll. Mit einem Ertrag
von jährlich rund 14 Milliarden Euro ist die Grundsteuer eine
der wichtigsten Einnahmequellen von Städten und
Gemeinden.
„Bund und Länder müssen und wollen die Grundsteuer auf
verfassungsgemäße Beine stellen“, sagte Schäfer. „Dieses Ziel
eint nun endlich alle Beteiligten. Ich mache keinen Hehl
daraus, dass ich mir die Initiative des Bundes dazu vor Jahren
gewünscht hätte, nach dem sich fast alle Länder bereits einig
waren. Nun sorgt eben der Druck des
Bundesverfassungsgerichts für Bewegung.“
Was das Grundsteuer-Urteil für Eigentümer und
Mieter bedeutet
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) bezeichnete
die Gespräche als „guten Auftakt“, mahnte zugleich aber zur
Eile. Alle wollten einen Kompromiss, die Gespräche würden
zeitnah fortgesetzt. „Wenn bis Ende 2019 ein fertiges neues
Grundsteuer-Gesetz beschlossen sein soll, das zuverlässig bis
Ende 2024 umsetzbar sein muss, haben wir keine Zeit zu
verlieren.“
In der Diskussion für die Neuregelung sind im Wesentlichen
drei Modelle:
- Das Bodenwertmodell: Im Bodenwertmodell wird in erster
Linie der Wert eines Grundstücks für die Höhe der fälligen
Steuer zugrunde gelegt. - Das Kostenwertmodell: In diesem Modell fließen auch
Bau- oder Sanierungskosten für die Häuser auf dem
Grundstück mit ein. Dieses Modell hatte 2016 eine
Mehrheit der Länder vorgelegt. - Das Äquivalenzmodell: Beim Äquivalenzmodell wäre vor
allem die reine Fläche von Grundstücken und Gebäuden
Grundlage für die Steuerhöhe, weniger der Wert der
Fläche und Immobilien.
Dabei sind sich die Bundesländer nicht einig, welches Modell
verbindlich sein soll:
Bayern will für eine Neuberechnung nach
Grundstücksgröße werben. „Es wäre wünschenswert,
wenn auch die anderen Bundesländer den bayerischen
Weg mitgehen würden“, sagte Landesfinanzminister Albert
Füracker in München. „Wir wollen eine einfache und faire
Grundsteuer, ermittelt nach Grundstücksgröße und Wohn-
beziehungsweise Nutzfläche des auf dem Grundstück
befindlichen Gebäudes.“ Diese Größen seien unstrittig und
bewahrten die Bürger in Zeiten steigender
Immobilienpreise vor einer Steuererhöhung durch die
Hintertür. Der Vorschlag Bayerns aber stieß in der
Finanzminister-Runde auf Skepsis.
Sachsen-Anhalts Finanzminister André Schröder (CDU)
sagte, er persönlich favorisiere das sogenannte
Kostenwertmodell. Dabei würden neben dem Bodenwert
auch Baujahr und Baukosten berücksichtigt. Zudem
könnten die Gemeinden mit Hebesätzen die Höhe der
Abgabe steuern.
Niedersachsens Landesregierung hat sich noch nicht auf
ein Modell für die Neuregelung festgelegt. „Es ist
allerdings nicht ausgeschlossen, dass einige Gruppen
oder Personen mehr bezahlen müssen – andere auch
weniger“, sagte Niedersachsens Finanzminister Reinhold
Hilbers (CDU) der dpa. „Wir müssen aber sehen, dass wir
die Unterschiede zum heutigen Stand gering halten.“
Bürokratieaufwand könnte steigen
Für Grundbesitzer könnte die Neuregelung der Grundsteuer
mit bürokratischem Aufwand verbunden sein. „Die
Grundstückseigentümer werden wahrscheinlich eine –
allerdings recht schlichte – Steuererklärung für die Bewertung
ihres Grundstücks abgeben müssen“, sagte Hilbers. „Je nach
künftigem Bewertungsmodell wird sie einfach oder sogar sehr
einfach sein. Wir brauchen unbedingt ein einfaches Modell.“
Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) plädierte für
einen „Gerechtigkeitsfaktor“ bei der Neuregelung. Dabei
sollten Wert und Lage von Grundstücken eine Rolle spielen.
„Es sollte mehr bezahlt werden für ein Grundstück
beispielsweise am Bodensee als in den vielen ländlichen
Regionen Deutschlands“, sagte Tauber.